Am vergangenen Samstag traf die Deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft zum fünften Mal auf die Nationalmannschaft der Türkei. Ein weiteres Mal bot die Bundeshauptstadt Berlin den Rahmen für ein Länderspiel. In einem umkämpften Spiel gewannen die Deutschen um Trainer Pfisterer gegen die türkei. Nach der offiziellen Spielzeit stand es 2:1.
Am 2. Juni fand in Berlin im Rahmen des Louis Braille Festivals der Begegnung, welches vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) im und um das Tempodrom in Kreuzberg ausgerichtet wurde, ein Länderspiel zwischen der Türkei und Gastgeber Deutschland statt.
Das fünfte Aufeinandertreffen beider Mannschaften war das erste Spiel der deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft nach der Europameisterschaft im vergangenen Herbst. Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Euro im türkischen Aksaray verordnete Trainer Ulrich Pfisterer seinen Spielern eine 9-monatige Pause, in der die Turniererlebnisse verarbeitet und aufgearbeitet werden sollten.
Die Türkei kam nach der Partie beim Tag des Blindenfußballs vorm Reichstag im Mai 2010 nun bereits zum zweiten Mal zu einem Freundschaftsspiel nach Berlin. Doch die deutsche Hauptstadt scheint kein gutes Pflaster für die türkischen Blindenfußballer zu sein. Für Deutschland, das erst sein zweites Heimländerspiel austrug, bleibt Berlin mit dem 2:1-Erfolg vom Samstag und dem 3:2-Sieg gegen die Türkei vom Tag des Blindenfußballs 2010 eine Stadt der Siege.
Die Gäste aus der Türkei befinden sich in der Vorbereitung auf das paralympische Blindenfußballturnier, für das sie sich mit dem vierten Platz bei der Europameisterschaft zwar nicht direkt qualifiziert hatten, aber zu dem sie als Nachrücker für den Platz einer afrikanischen Nation jetzt doch reisen dürfen.
Entsprechend ernst nahmen sie auch dieses Freundschaftsspiel. Die vergangenen drei Aufeinandertreffen konnte Deutschland jeweils für sich entscheiden (2:1, 3:2, 2:1). Diese Serie galt es für Deutschland zu halten und für die Türkei zu unterbrechen.
Das deutsche Team um Rekordnationalspieler und Abwehrchef Mulgheta Russom (MTV Stuttgart) lief in einer ungewohnten Formation auf.
Die beiden Neunationalspieler Ali Pektas und Robert Warzecha (beide SF BG Marburg) standen neben Russom und Vedat Sarikaya (MTV Stuttgart) in
der Startformation. Das Tor hütete wie schon im gesamten Spieljahr 2011 Gianmarco Blancone (Stuttgart). Warzecha spielte in der offensiv
ausgerichteten Üpsilonformation die zentrale Position vor Russom. Die linke Angriffsseite übernahm Sarikaya, die Rechte Pektas. Da von der Türkei wenig Torgefahr vermutet wurde, setzte Pfisterer auf die zwei aus der DBFL bekannten Dauertorschützen. Das
Spiel begann sehr zerfahren, sodass kein geordnetes Spiel aufgebaut werden konnte. Die erste gefährliche Torchance hatte dann sogar die Türkei, doch der Schuss ging knapp am deutschen Tor vorbei. In der Folge zeichnete sich die Partie insbesondere durch eine körperbetonte und dadurch foulträchtige Spielweise aus. Nach einer
knappen Viertelstunde hatte die türkische Auswahl die Foulgrenze erreicht. Den ersten fälligen Achtmeter konnte der Keeper im Tor der Türkei noch entschärfen, den zweiten
Penalty vom Achtmeterpunkt versenkte Russom aber knallhart im Winkel. Die Freude beim deutschen Führungstreffer war rund um das Spielfeld groß. Doch auch Deutschland sah sich bald dem ersten Achtmeter gegenüber. Mit Ali Cavdar verfügt die Türkei über einen ebenso europaweit gefürchteten Achtmeterspezialisten wie Deutschland mit Russom. Cavdar trat an und ließ Blancone mit einem Schuss direkt unter die Latte keine Abwehrchance. Mit diesem 1:1 gingen die Teams in die Pause.
Gewechselt wurde in der Halbzeit auf deutscher Seite nicht. Es galt mehr Druck auf den Gegner aufzubauen und das Spiel in ruhigerer Art und Weise
zu kontrollieren. Dies schafften die deutschen Jungs auch deutlich besser als noch in der ersten Hälfte. So kamen Sarikaya und Pektas nun
häufiger gefährlich vors gegnerische Tor und wurden von Stammguidin Jule Hallanzy zu mehreren Torchancen gerufen. Nach einer Balleroberung
auf der linken Abwehrseite startete Sarikaya einen Durchmarsch, zog von links in die Mitte und schloss mit einem Schuss in die linke untere Torecke
zur erneuten Führung ab. Es folgten weitere Tormöglichkeiten durch Sarikaya und Pektas, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt wurden. Von der Türkei ging weiterhin wenig Torgefahr aus,
sodass Coach Pfisterer gegen Spielende auch noch Heinrich Niehaus (Eintracht Braunschweig), Sebastian Schäfer (VSV Würzburg) und Lukas Smirek
(MTV Stuttgart) auf den Platz schickte. Robert Warzecha hatte seine erste Aufgabe in der deutschen Blindenfußballnationalmannschaft souverän und unaufgeregt erledigt.
Der Marburger Abwehrchef wird hoffentlich auch zukünftig die deutsche Auswahl verstärken. Ali Pektas stand als einziger Spieler die gesamte
Spieldauer auf dem Feld. Er erfüllte seine Aufgabe den Ball lange zu halten und die Türken aus der Abwehr zu locken, um Platz für Sarikaya zu schaffen,
sehr gut. Bei anderen Gegnern wird er zukünftig sicher auch seine enorme Torgefahr im deutschen Trikot unter Beweis stellen können.
Der Sieg der Deutschen war insbesondere aufgrund der Leistung in der zweiten Hälfte sehr verdient. Wenn die Türkei bei den Paralympics ähnlich torungefährlich auftreten werden, dürfte ein Weiterkommen nach der Vorrunde extrem schwierig werden.
Am Sonntag absolvierte das deutsche Team noch zwei weitere inoffizielle Trainingsspiele. Zuerst spielte man zusammen mit Spielern vom Lichterfelder FC gegen die polnische Mannschaft aus Bresslau. Russom und Sarikaya bekamen eine Ruhepause, Smirek, Niehaus und Schäfer spielten am Sonntag fast beide Spiele durch. Das Spiel gegen Polen wurde mit 2:1 gewonnen. Die Türkei ließ ihre zweite Reihe spielen und Deutschland
wurde durch die Spieler Kofi Osei und Fathi Thalai aus Berlin ergänzt. Auch dieses Trainingsspiel gewann das deutsch-berliner Team mit 3:1.
Der Neustart auf der internationalen Blindenfußballbühne ist der deutschen Blindenfußballnationalmannschaft mit diesem Sieg gegen
einen Paralympicsteilnehmer auf jeden Fall geglückt. Jetzt gilt es sich während des Jahres weiter zu verbessern und möglichst zusätzliche
Länderspiele zu absolvieren, um sich für die nächste Europameisterschaft im kommenden Jahr so vorzubereiten, dass die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014 gelingt!