Nach Frankreich ist vor England

Mit zwei knappen 0:1-Niederlagen, aber einer Menge neuer Eindrücke und glücklicherweise ohne größere Blessuren, kehrte die Blindenfußball-Nationalmannschaft
aus Frankreich zurück. Die Testländerspiele in Bonny-sur-Loire gegen den amtierenden Europameister zeigten dem deutschen Team die noch vorhandenen Schwächen in der Balltechnik und im Spielaufbau auf.
Sowohl im sehr gut besuchten Spiel am Samstag, als auch im Sonntagsspiel ließ der hohe Ballbesitz der Franzosen
kein strukturiertes Aufbauspiel der Deutschen zu. Dennoch probierte Coach Ulrich Pfisterer
verschiedene Spielerkombinationen aus und konnte sich vor allem über den beherzten Einsatz seiner jungen und erfahreneren Spieler freuen.

Wie nicht anders zu erwarten, hatten die Franzosen das Wochenende professionell geplant. Es gab feste Trainings- und Mahlzeiten bis hin zu einem definierten Plan, wie mit den Kindern des ortsansässigen Vereins aufgelaufen werden sollte und wann
die Nationalhymnen gespielt werden. So konnte sich jedes Team auf sich und sein Spiel konzentrieren. Für
Deutschland bedeutete dies in erster Linie Erfahrungen zu sammeln. Zudem galt es auszuprobieren, welche Spieler
am besten harmonieren. Am Samstag war das Spiel der deutschen Mannschaft, wie bereits im Spielberichtsartikel
erwähnt, noch eher zerfahren und von einigen Fouls und in der
Folge Achtmetern geprägt. Aber man hielt gut dagegen und die unglückliche 1:0-Niederlage durch einen
verwandelten Strafstoß kann durchaus als Erfolg gewertet werden. Beim geselligen Beisammensein nach dem
Match berichtete ein französischer Spieler, dass sein Trainer nach Spielende „sehr laut“ wurde. Viel mehr hatte er von seiner Mannschaft erwartet und er forderte eine entsprechende Reaktion am
nächsten Tag.

Nichts destotrotz hielt der Bundestrainer auch am Sonntag an seinem Plan fest. Er brachte
im zweiten Spiel mit Russom und Warzecha in der Defensive sowie mit Schäfer und Smirek in der Offensive ein
neues Team auf den Platz. Im Tor kam Enrico Göbel (BFW und VSV Würzburg) zu seinem
ersten Länderspieleinsatz. Die deutsche Mannschaft brauchte einige Momente um sich an die neue Formation
zu gewöhnen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Defensive wurde die Mannschaft immer sicherer. Die deutschen Offensivkräfte wurden in dieser Phase oft in der Abwehrarbeit gebunden und konnten somit
nur selten Akzente nach vorne setzen. Zu schnell und ballsicher präsentierten sich die Franzosen an diesem Tag. Die deutsche Defensive ließ sich nur selten überwinden und wenn es doch einmal gelang wurde entweder
überhastet abgeschlossen oder man scheiterte am Schlussmann. Während auch in der zweiten Halbzeit auf
deutscher Seite erneut durchgewechselt wurde, blieben die Franzosen bei Ihrer Stammformation. Die neuen Kräfte
fügten sich nahtlos ein und leisteten insbesondere in der Rückwärtsbewegung eine gute Leistung. Leider
konnte an diesem Tag trotz vorgenommener Wechsel nach vorne nicht genug Durchschlagskraft entwickelt werden, viel zu sehr war das deutsche Team in der Defensive gefordert. Nur wenige Male gelang es den
ballsicheren Franzosen in dieser Phase zum Abschluss zu kommen, jedoch scheiterten Sie bis dahin am
deutschen Torwart oder an der eigenen Präzision. Bis 3 Minuten vor Schluss sollte die Null stehen, bis
Martin Baron sich noch einmal durchsetzen konnte. Aus etwa sieben Metern schoss er frei zum umjubelten Siegtreffer für die Franzosen ins lange Eck. Mit einem von Göbel gehaltenen Strafstoß gegen den französischen Kapitän Frederic Villeroux ging das Spiel zu Ende.
So musste Deutschland seiner jungen Länderspielstatistik zwar zwei weitere Niederlagen hinzufügen, hat aber gezeigt, dass die Topteams Europas alles geben müssen, um zu siegen.

Die in Frankreich gemachten Erfahrungen werden die Inhalte des nächsten Leistungslehrgangs vom 26. bis 28. April bestimmen. Schließlich steht nur wenige Wochen danach die nächste Testländerspielreise bevor. Deutschland fliegt am 16. Mai nach England, um in Birmingham zwei Partien gegen den Drittplatzierten der letzten Europameisterschaft auszutragen.

Nach den frühzeitigen Absagen von Robert Warzecha, Sebastian Schäfer und Jule Hallanzy wird die deutsche Mannschaft mit folgendem Team nach Birmingham aufbrechen:

Spieler

  • Enrico Göbel (VSV Würzburg)
  • Sebastian Schleich (SF Blau-Gelb Marburg)
  • Mulgheta Russom (MTV Stuttgart)
  • Alexander Fangmann (MTV Stuttgart)
  • Sven Schwarze (MTV Stuttgart)
  • Lukas Smirek (MTV Stuttgart)
  • Vedat Sarikaya (MTV Stuttgart)
  • Alican Pektas (SF Blau-Gelb Marburg)
  • Taime Kuttig (SF Blau-Gelb Marburg)
  • Kofi Osei (LFC Berlin)

Trainerstab

  • Ulrich Pfisterer (Coach)
  • Benny Zoll (Fitness-Coach)
  • Olly Einloft (Guide)
  • Thilo Nowak (Physio)

Doch vorher beginnt für alle Nationalspieler am 13. April die neue Saison der Blindenfußball-Bundesliga.
Im Auftaktspiel trifft auch sogleich Kofi Osei in der Spielgemeinschaft Berlin/Braunschweig auf seine Marburger Nationalmannschaftskollegen
Alican Pektas, Taime Kuttig und Robert Warzecha. Die Stuttgarter spielen gegen den FC St. Pauli und am
Sonntag stehen Enrico Göbel und Sebastian Schäfer mit ihrem VSV Würzburg dem Meister 2012 aus Marburg gegenüber.