Freistoss durch 4 Franzosen, aber der Keeper kann den Ball gerade noch abwehren

Auftakt mit Steigerungspotenzial

Am vergangenen Wochenende reisten wir für zwei Länderspiele gegen Frankreich nach Schiltigheim bei Straßburg. Die Partien gegen den amtierenden Vizeeuropameister waren für uns der Auftakt in das Europameisterschaftsjahr.

Nur knappe zwei Fahrstunden von unserem Trainingsstützpunkt Stuttgart entfernt wurde das erste Länderspiel in diesem Jahr bereits am Freitag um 14.30 Uhr angepfiffen. Aufgrund privater Terminschwierigkeiten und Verletzungen konnte Uli im ersten Spiel lediglich auf Rückkehrer Vedat, Ali, Serdal und Alex setzen. Bayram wurde im Zuge dieser starken Dezimierung nachnominiert.

Als wir schließlich am Freitag im beschaulichen Schiltigheim ankamen, wurde das Spiel nach unzufriedenstellend kurzer Aufwärmphase angepfiffen. In der Startformation standen neben Gianmarco in der Defensive Bayram und Alex sowie im Angriff Ali und Vedat. Wegen der mangelnden Spielvorbereitung und den ungewöhnlichen Platzverhältnissen mit aufblasbaren Banden kamen wir zunächst sehr schlecht in die Partie. Dennoch zeigte sich die französische Nationalmannschaft nicht wirklich überlegen. Angriffe konnten bereits im Mittelfeld abgefangen werden. Insgesamt kamen die Franzosen in der ersten Hälfte lediglich einmal zu einem gefährlichen Abschluss, der jedoch nicht in die Maschen einschlug, sondern in Gianmarco seinen Meister fand. Nach einer Verletzung von Alex übernahm Serdi die zentrale Spielposition. Unser Physio Thilo agierte in diesem Spiel als Guide und lotste sein Angriffsduo lautstark, sah aber kaum gefährliche Abschlüsse.

Nach Wiederanpfiff kehrte Alex für Bayram zurück auf den Platz. Die zweiten 25 Minuten spielten wir zwar schon leicht verbessert, aber zwingende Torchancen konnten wir uns dennoch nicht erarbeiten. Auf der Gegenseite versuchte Frankreich durch Kombinationsspiel gefährliche Situationen zu kreieren, was aber nicht gelang. Umso überraschender kam der wenige Minuten vor Schluss von Frankreichs Defensivakteur Yvan Wouandji gestartete Sololauf. Wouandji bekam die Kugel tief in der eigenen Hälfte zugespielt, marschierte über die linke Seite los, ließ zunächst Ali und dann Alex und Serdi gekonnt stehen und krönte sein Solo mit einem perfekt platzierten Schuss gegen die Laufrichtung unseres Keepers zum Siegtreffer. Das Video dieses spektakulären Laufs erreichte seit seiner Veröffentlichung auf YouTube bereits knapp 300.000 Aufrufe und wurde vielfach in internationalen Medien erwähnt.

Im Laufe des Freitagabend traf dann für das Spiel am Samstag Taime als Verstärkung ein. Der 22-Jährige erhielt von seinem behandelnden Arzt nach seiner langwierigen Verletzung im August letzten Jahres erstmals grünes Licht für ein offizielles Spiel. Weiterhin reisten Fitnesscoach Des, Guidin Jule und Torwart Enriko an.

Schon beim Vorbereitungstraining am nächsten Tag standen die Zeichen für das zweite Spiel gegen den Gastgeber sehr gut. Rolf und Uli gaben in der darauffolgenden Mannschaftsbesprechung die Marschroute für das nächste Spiel vor. So sollte der erste Sieg gegen Frankreich in der deutschen Blindenfußballgeschichte eingefahren werden. In der Startformation standen Torwart Sebastian, Taime Alex, Vedat und Ali. Wir begannen das Spiel mit sehr viel Druck auf das französische Tor. Sowohl Ali, als auch Vedat versuchten den Abwehrriegel des Gegners zu bezwingen. Schließlich war es Vedat, der den Ball im Mittelfeld behauptete, die Kugel aus sieben Metern auf halber Höhe im französischen Gehäuse unterbringen konnte und so zum ersten Treffer Deutschlands gegen Frankreich einnetzte.

Die unkomplizierte Spielweise der beiden Defensivakteure Alex und Taime verhinderte immer wieder das Eindringen eines französischen Angreifers in den Strafraum. Die Auswechslung von Taime aufgrund einer Vorsichtsmaßnahme bezüglich seiner vergangenen Verletzung änderte daran bis zum Halbzeitpfiff nichts, Bayram sicherte vor Sebi perfekt ab.

Nach der Pause stand erneut die Starting Four aus Halbzeit eins auf dem Platz. Frankreich agierte nun wesendlich offensiver und versuchte uns das Heft aus den Händen zu entwenden. Wir behielten zwar weiterhin die Oberhand, mussten jedoch in der 35. Minute einen unglücklichen Gegentreffer hinnehmen: Frankreichs Morgado kam nach einem Freistoßlupfer über die rechte Seite, jedoch aus sehr spitzem Winkel aufs Tor zu. Der sehr schwache Schuss kam an den kurzen Pfosten und glitt Sebi aufgrund regnerischer Wetterverhältnisse durch die Hände. Unbeeindrukt des Ausgleichs drückten Vedat und Ali weiterhin auf den erneuten Führungstreffer. Nach einem Zusammenstoß musste Ali verletzungsbedingt den Platz verlassen. Seine Position wurde im weiteren Verlauf von Serdi eingenommen. Nach wenigen Minuten kam Vedat zu einer unverhofften Torchance: Frankreichs Keeper rutschte beim Abwurf aus, ließ den Ball aus den Händen fallen, Vedat nutzte mithilfe von Jule diese Möglichkeit und reagierte blitz schnell mit einem Schuss, der in die untere rechte Torecke einschlug. Der Treffer wurde jedoch von den Unparteiischen nach langen Diskussionen nicht gegeben, weil der Ball den Sechsmeterraum nicht verlassen hatte und somit noch nicht im Spiel war. Unklar war jedoch, ob der französische Schlussmann den Ball von einem Mitspieler erhalten hatte oder ihn aus dem Aus geholt hatte. Es blieb auf jeden Fall weiter beim Remis. Beide Teams drückten in der Schlussphase weiter auf den Siegtreffer, jedoch konnten sich die Angreifer beider Seiten nicht zwingend durchsetzen. Somit blieb es beim für uns am Ende sogar enttäuschenden 1:1-Unendschieden.

Nach dem Spiel war das Team zwar enttäuscht über einen verpassten Sieg, konnte jedoch sehr positive Ansätze für die kommende Vorbereitung auf die Europameisterschaft entdecken. Immerhin konnten wir den Vizeeuropameister über einen Großteil der Spieldauer kontrollieren und in die Defensive drängen. Zukünftige Testspiele gegen die französische Klubmannschaft aus Bordeaux und die russische Nationalmannschaft in St. Petersburg oder auch die im Juli anstehenden Länderspiele gegen Belgien und Spanien werden uns weitere Kenntnisse über unseren Leistungsstand liefern. Die so wichtige Europameisterschaft steigt vom 22. bis 29. August im englishen Hereford und hält für die Endspielteilnehmer die begehrten zwei Tickets für die Paralympics in Rio de Janeiro 2016 bereit.