
Das letzte der fünf angesetzten Testspiele ist vorüber, das Feintuning wird bei den ausstehenden zwei Lehrgangswochenenden in Stuttgart vorgenommen. Ein bloßer Blick auf die Ergebnisse (zwei Unentschieden und drei Niederlagen) spiegelt jedoch nicht die Gemütslage des Teams wider. Alle Begegnungen vermittelten uns wichtige Erkenntnisse, die es bis zum Anpfiff gegen Südkorea weiter zu optimieren gilt.
Nachdem am Freitagabend nach und nach alle auf dem Sportplatz an der Fürstinnenstraße eingetrudelt waren, absolvierte das Team mithilfe des hospitierenden Trainers des VfB Gelsenkirchen, Mo, eine leichte Einheit mit abschließendem Trainingsspiel. Im Anschluss kehrten wir in ein türkisches Restaurant zum Abendessen ein. Ob es daran lag, dass wir mit Ali, Serdal und Hasan inzwischen drei des Türkischen mächtige Spieler im Team haben, dass wir relativ lange hier verweilten, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Der kostenlose Tee und die späte Ankunft von Uli und Mulle können ebenso als Gründe vermutet werden. Nach einer kurzen Teambesprechung im Hotel fanden sich die mal wieder neu zusammengewürfelten Zimmerkombinationen zusammen. Rolf scheint weiterhin die Würfel zu bemühen, um Abwechslung in die Duos zu bringen.
Doch schon beim Frühstück am Samstagmorgen war klar, dass Kofi, der erstmals seit der Japanreise im März wieder zum Team stieß, gleich wieder abreisen musste. Ein Magendarminfekt machte Fußballspielen für ihn dieses Wochenende unmöglich.
Die vormittägliche Trainingssession hatte zwei Schwerpunkte: Routine vor dem Spiel und Kommunikation. Bei der Routine handelt es sich um den Ablauf der Übungen, die wir zukünftig vor Länderspielen, also auch bei der WM, durchziehen möchten. Neben einem läuferischen Teil beinhaltet diese Abfolge Dribble-, Schnelligkeits-, Koordinations-, und Torabschlussübungen. In puncto Kommunikation haben wir versucht vor allem im Aufbauspiel darauf zu achten, dass der ballführende Spieler den Ballbesitz verbalisiert und sich die Mitspieler daraufhin durch ein kurzes „hier“ als Anspielstation bemerkbar machen und so ein direkteres und präziseres Passspiel ermöglichen.
In der Mittagspause entspannten wir bei kleinen Snacks in der Sonne und warteten auf unseren Gegner. Dieser steckte jedoch etwas im Stau und kam verspätet an. Wir durchliefen ca 45 Minuten vor Spielbeginn unsere neu eingeübte Aufwärmroutine. Inzwischen hatten auch einige Zuschauer den Weg ans Blindenfußballspielfeld gefunden und so langsam sah es nach Länderspiel aus. Kristian Mann sorgte durch dem Anlass angemessene Musik für die richtige Stimmung und zusammen mit unserem Gastteam stellten wir uns für die Nationalhymnen auf. Das Absingen derselbigen sollte auch nochmals zum Inhalt einer Trainingseinheit werden. Vielleicht lässt sich diese zu einer späteren Abendstunde an geeigneter Stelle abhalten.
Zu Spielbeginn standen Milan, Bayram, Alex, Ali und Ted auf dem Platz. Bayram, der maßgeblich bei der Organisation des Wochenendes in Gelsenkirchen beitrug, fand nach sieben Jahren Pause für dieses Testländerspiel den Weg zurück ins Nationalteam. Bei der EM in Athen 2007 bekleidete er noch den Spieler in der Zentrale, im Verein agiert er inzwischen vornehmlich als Abwehrchef; so auch am Samstag bei uns.

Als wir in dieser ungewohnten Defensivformation in den Anfangsminuten nicht auf Ballhöhe waren, zog Belgiens Stoßstürmer Kevin Vanderborght von der Bande ins Zentrum und schoss aus kurzer Distanz den frühen Führungstreffer für sein Team.
Nach etwa zehn Minuten beendete Bayram sein viertes Länderspiel. Fortan übernahm Lukas mit Alex wie schon gegen Bordeaux die Defensivarbeit.
Bei einem Zusammenprall zog sich Ted einen Cut am Auge zu und musste das Spielfeld verlassen. Für ihn kam Serdal ins Spiel.
Ali dribbelte sich mehrfach in gute Schusspositionen. Dem Ausgleich stand der belgische Schlussmann oder bei einem seiner Schüsse der Torpfosten im Weg.
Leicht übermotiviert fing Serdi sich nach wenigen Minuten eine gelbe Karte wegen absichtlichen Handspiels ein und führte auch weitere Zweikämpfe etwas überengagiert. Daraufhin wechselte Rolf, der wieder als Coach an der Seite agierte, kurz vorm Halbzeitpfiff Serdi gegen Basti aus.

Kurz vorm Abpfiff der ersten Hälfte hatte Belgien die Teamfoulgrenze erreicht. Da Mulle weiterhin pausieren musste, trat Alex an den Punkt. Sein Schuss wurde vom Keeper jedoch zur Ecke pariert.
Nach dem Seitenwechsel spielten wir deutlich sortierter und konnten auch ein gefährlicheres Passspiel aufziehen. Die belgische Abwehr hielt aber läuferisch gut mit und vereitelte große Torchancen.
Doch als sich Basti und Ali wiederholt die Kugel zupassten, entstand die nötige Lücke, durch die Ali schlüpfte und dem Keeper den Ball durch die Beine zum fälligen Ausgleich schoss.
In der Folge tauchten wir weitere Male gefährlich vorm belgischen Tor auf, konnten aber nur wenige echte Torschüsse abfeuern.
Auf der Gegenseite hatten die Belgier plötzlich die Chance durch einen Achtmeter erneut in Führung zu gehen. Der stramme Schuss verfehlte aber das Tor. So war es uns vorbehalten, die letzte Möglichkeit im Spiel zu kreieren. Den Schuss von Serdi aus halblinker Position konnte Belgiens Schlussmann nur nach vorne abprallen lassen, allerdings blieb für einen gezielten Nachschuss keine Zeit mehr, da der Schiedsrichter die Partie abpfiff.
Sicherlich überwiegte zunächst der Ärger für den enormen Aufwand nicht mit dem zweiten Treffer belohnt worden zu sein. Doch spätestens, als beide Teams vor den Zuschauern zu Fangesängen ansetzten, war klar, dass der freundschaftliche Gedanke dieses Nachmittags im Vordergrund stand und dies nicht das letzte Aufeinandertreffen zwischen Belgien und uns war.
Die nächste Spielminute wird die erste offizielle WM-Minute für Deutschland sein. Dann wird aus Belgien Südkorea und hoffentlich aus einem Unentschieden ein Sieg!
Bis dahin trifft sich das Team noch zu zwei Leistungslehrgängen in Stuttgart, bevor es am Abend des 12. November vom Frankfurter Flughafen in Richtung Tokio, in Richtung Weltmeisterschaft geht.